Morbus Crohn schon als Kind oder Jugendlicher? Oder: Wann ist der "richtige" Zeitpunkt der Diagnose?
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06. Oktober 2022
Morbus Crohn ist eine Krankheit die meistens im Alter zwischen 16 und 35 Jahren (vgl. Statistiken CED und Präsentation des Universitätsspitals Basel) auftritt und diagnostiziert wird. D.h., eine Diagnose im höheren Alter ist eher seltener, wobei hier Statistiken zeigen, dass es ab 50 Jahren wieder etwas häufiger wird (siehe Ärzteblatt). Was ich bisher so mitbekommen habe - so zumindest meine Wahrnehmung, sind Personen über dem 35. Lebensjahr meist schlimmer dran, da die Krankheit schon länger den Körper bearbeitet hat.
Bei mir dagegen war die Diagnose mit 13 Jahren schon sehr früh (hier lohnt es sich auch nochmal die Beiträge Die Diagnose: Morbus Crohn und meinem Der Umgang mit der Diagnose Morbus Crohn - als Kind zu lesen). Bis dahin kann ich sagen, dass ein nicht entdeckter Morbus Crohn auch in jungen Jahren bereits Auswirkungen auf den Körper haben kann. Bei mir war es mit schlimmer werderndem Krankheitsverlauf, dass mein Körper keine Zeit und Kraft für meinen Wachstum hatte. Vorher war ich eigentlich immer bei den größeren Kindern dabei. Doch irgendwann bin ich in der körperlichen Entwicklung stehen geblieben. Ein leichtgewicht war ich schon immer, aber dann wurde es noch deutlicher. Meine Pubertät hatte somit auch erst später begonnen. Ebenso war ich immer sehr blass. (Für weitere Deteils kann ich dir noch meine Beiträge Der Weg zu meinem Morbus Crohn und Morbus Crohn: Mein Schmerz-Höhepunkt oder "der Weg der Qualen" ans Herz legen.)
All dies wurde nach der Diagnose und der damit verbundenen ersten richtigen gesundheitlichen Einstellung besser. Mein Körper konnte wieder aufholen (u.a. Wachstumsschübe).
Ich denke auch, dass der Zeitpunkt der Diagnose für meinen noch damals jungen Darm gut war, um sich weitestgehend eigenständig regenerieren zu können. In Bezug auf frühzeitig darauf eingestellt zu sein und frühzeitig richtig behandelt zu werden, war das also super. Allerdings habe ich seit ich 13 Jahre alt bin viele (Regel-)Arzttermine absolvieren und Medikamente einnehmen müssen (zum Glück heutzutage nicht mehr dauerhaft notwendig - hierzu kommt noch ein Beitrag). Das ist aber alles Gewohnheitssache und was das anging, war ich ich glücklicherweise schon immer sehr selbstständig und diszipliniert. Dementsprechend war das Einnehmen von Medikamenten oder das sich an Regeln Halten kein Problem.
Heute bezeichne ich den Zeitpunkt auch als gut, da ich vor der Ausprobier- oder Test-Phase eines Jugendlichen schon die notwendigen Leitplanken gesetzt bekomme habe. Somit hat das Eine oder Andere nie wirklich gefehlt. Konkret meine ich Alkohol trinken und rauchen, wobei zweites für mich sowieso nie in Frage kam. (Hier kann ich meine letzten beiden Beiträge Erfahrungen mit Morbus Crohn und Akzeptanz von Morbus Crohn nochmals empfehlen.)
Neben der Krankheit selbst, musste ich nach dem Krankenhausaufenthalt aufgrund der OP-Narbe natürlich noch zusätzlich langsam machen. Plus dem 2-wöchigen liegen, war mein Körper bei 0 was Kondition, Muskeln usw. anging. Dementsprechend musste ich etwas machen, um mich wieder aufzubauen (physisch UND psychisch) und letztendlich beispielsweise auch wieder im Sportunterricht bestehen zu können. Denn ich liebe Sport und war im Sportunterricht auch immer einer der Besten. Da wollte ich wieder hin, sodass Sport für mich ein wichtiger Anker wurde. Noch heute merke ich, dass ich regelmäßigen Sport brauche, um mich wohlzufühlen.
Zusammenfassend würde ich sagen, dass mein Diagnose-Zeitpunkt Fluch und Segen zugleich war.
Fluch, weil...
- ... ich einige Sachen nie ausprobierte (das ist - glaube ich zumindest - gut und schlecht zugleich :-)).
- ... ich war immer ein wenig eingeschränkt.
- ... ich musste an meine Medikamente denken (bei Ferienfreizeiten, Klassenfahrten usw.).
- ... ich regelmäßige Arzttermine und Blutabnahmen hatte.
Segen, weil...
- ... ich einige Sachen nie ausprobierte (das ist - glaube ich zumindest - gut und schlecht zugleich :-)).
- ... ich war früh sensibilisiert und lernte auf meinen Körper zu hören.
- ... mein Körper oder besser mein Darm war noch jung und konnte sich gut erholen und darauf einstellen.
Abschließend lässt sich sagen, dass es nie den perfekten Zeitpunkt für die Diagnose einer Krankheit gibt, wobei lieber früher als später - denn dann ist die Wahrscheinlichkeit eines Therapieerfolgs deutlich höher.
Am besten ist man einfach gesund. Aber so ist nun einmal das Leben nicht...
Wichtig ist es auf jeden Fall - egal wann die Diagnose kommt - für sich einen positiven Anker zu finden, der einem hilft aus dem "Tal der Tränen" herauszukommen. Das kann Sport, Freunde, Familie oder was auch immer einem hilft sein.